Trauma und Stress

 

Der wesentliche Faktor bei einer Traumatisierung ist Stress. Er ist es, der diese Situationen und Begebenheiten zu so nachhaltigen Belastungen machen kann.

 

Bekannt ist inzwischen, dass Stress bedeutende Konsequenzen haben kann, sogar der eigentlich recht harmlose alltägliche Stress in der Familie oder im Job kann uns krank machen, etwa indem wir an Bluthochdruck erkranken oder durch die Verspannungen schlecht schlafen oder an Migräne und Kopfschmerzen leiden. Extremer und dauerhafter Stress wirkt sich negativ auf Körper und sogar auf die Seele aus.

 

Im Falle eines Traumas handelt es sich sogar um eine derart extreme Belastung, dass sie Spuren im Gehirn hinterlassen kann. In akuten Stresssituationen überlastet das verarbeitende System in unserem Kopf, infolgedessen kann es regelrecht lahmgelegt werden und „hängen bleiben“. Es ist fast ein bisschen wie bei einer guten, alten Schallplatte mit den Rillen: Ein kleiner Kratzer reicht aus und die Tonnadel bleibt bis ins Unendliche an dem einen Punkt hängen und spielt immer wieder den gleichen Ton …

 

Was passiert im Gehirn?

 

Wenn die extreme Stressreaktion anhält, wirkt sich diese Tatsache negativ auf die Verarbeitung von Informationen in unserem Gehirn aus. Es ist nicht mehr möglich, Informationen an den sogenannten Hippocampus (die Struktur im Gehirn, in der die Entscheidungen getroffen werden, welche Erfahrungen für uns wichtig sind) weiterzugeben. Damit unterbleibt die "Übertragung" wichtiger Informationen an die Großhirnrinde, d. h. an das Langzeitgedächtnis. Dort wird die Erfahrung kognitiv klassifiziert und die Lernphase beginnt. Eine Störung im Hippocampus bedeutet aber, dass es uns nicht möglich ist, uns eine traumatische Erfahrung zu merken, und man daher keine Chance zu lernen hat.

 

Ganz in der Nähe des Hippocampus liegt die Amygdala, auch Mandelkern genannt aufgrund seiner Form. Die Amygdala wird auch gerne als der Sitz unserer Angst bezeichnet, denn hier werden alle eingehenden Sinneswahrnehmungen zuallererst daraufhin gecheckt, ob wir lieber kämpfen oder fliehen sollten. Schließlich ist die Amygdala zudem für die Emotion Aggression zuständig. In diesem Bereich werden Gefühle abgespeichert, die mit einer bestimmten Erfahrung verbunden sind, egal ob diese positiv oder negativ sind.

 

Speicherlücken, die eine Last darstellen

 

Sinneswahrnehmungen, Körperzustände und Gefühle, die mit einem Trauma verbunden sind, werden in der Amygdala gespeichert. Wie die Scherben eines zerbrochenen Spiegels zerfallen sie in viele Teile und werden daher nicht als bedeutungsvolles Ganzes klassifiziert und wahrgenommen. Aus diesem Grund kann man sie in Zukunft nicht als eine Erfahrung nutzen, aus der man lernt. Die Schwelle für externe Reize, die man als potenziell bedrohlich wahrnimmt, wird hierdurch wiederum deutlich gesenkt.

 

Doch damit nicht genug, denn Fragmente beginnen, ihr eigenes Leben zu führen und können auf allen Sinneskanälen als sogenannte Intrusionen (innere Bilder einer traumatischen Erfahrung) auftreten und die aktuelle Realität überlappen. In solchen Situationen werden einzelne Gehirnfunktionen weiter unterdrückt, beispielsweise funktioniert das Sprachzentrum nicht mehr. Infolgedessen gibt es keine Worte, die ausdrücken können, was du erlebt hast. Man fühlt sich immer wie in einem Horrorfilm gefangen. Das plötzliche Wiedererleben eines Traumas im Kopf einer betroffenen Person wird als Rückblende bezeichnet. Rückblenden treten auch in anderen Zusammenhängen auf, beispielsweise nach dem Drogenkonsum.

 

Folgen für die Gesundheit durch ein Trauma

 

Die Kombination von Teilerinnerungen, Erinnerungslücken und immer wieder aufkommenden Bildern und Gefühlen ist eine enorme Belastung für einen traumatisierten Menschen. Du kannst unter Schlafstörungen, Albträumen, eingeschränkter Fähigkeit, Gefühle auszudrücken (z. B. Unfähigkeit zu lieben oder zu weinen), Reizbarkeit und großer Angst um dich selbst und deine eigene Gesundheit leiden. Es wechselt sich einerseits ständig der Wunsch, sich mit dem Ereignis auseinanderzusetzen, und andererseits das Gefühl, nicht über das Ereignis sprechen zu wollen, ab. Daher wird von Opfern versucht, unter bestimmten Umständen alles zu vermeiden, was an das jeweilige Trauma erinnern könnte.

 

Sämtliche mit einem Trauma verbundenen Reaktionen können eigentlich als verzweifelter Versuch verstanden werden, es zu verarbeiten. Man versucht so, sich vor den überwältigenden Gefühlen zu schützen. Im weitesten Sinne dienen diese Reaktionen zum Überleben, insofern sind sie letztlich nichts anderes als Notfallmaßnahmen unseres Verstandes. Deshalb treten sie auch so häufig auf.

 

Trauma heilende Interventionen werden wir in zukünftigen Artikeln näher besprechen. Auch wirst Du erfahren, was Anzeichen eines Traumas sind, dessen Ausgangsereignis vielleicht tief in Dir verdrängt liegt. 

 

Foto von Abbat auf Unsplash

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