Viele von uns kennen wohl den gespaltenen Zustand, in dem wir rational wissen, wie unheilsam unser Verharren beispielsweise in einer Beziehung ist, doch emotional haften wir trotzdem daran fest und können uns kaum oder gar nicht lösen.
Die britisch-amerikanische Therapeutin Phyllis Krystal hat bereits vor Jahrzehnten hilfreiche Visualisierungstechniken entwickelt, die uns vor allem auch bei diesem Thema recht hilfreich zur Seite stehen können. Wir können die folgende Übung jederzeit für uns selbst oder für andere - beispielsweise Klienten - nutzen.
Übung:
Innere Fesseln sprengen (nach Phyllis Krystal)
Für die Selbstanwendung setzen wir uns auf ein Sitzkissen oder einen Stuhl, nehmen eine meditative Haltung ein und schließen die Augen. Nun lassen wir ein Bild entstehen, in dem wir in einem Raum sitzen, worin sich weiter gar nichts befindet. Er ist leer. Allerdings visualisieren wir uns gegenüber den Menschen, von dem wir uns unabhängig oder unabhängiger machen möchten.
Wir nehmen uns dafür die Zeit, die wir brauchen, bis wir vor unserem inneren Auge diese Person uns gegenübersitzen sehen. Zur Intensivierung kann es hilfreich sein, sich etwas genauer mit den Details zu beschäftigen: Was für Kleidung trägt der andere, welches T-Shirt, welche Frisur? Jedes Detail hilft dabei, die Erfahrung zu intensivieren.
In einem nächsten Schritt visualisieren wir die Art der Verbindung. Wie genau sieht der Kontakt zwischen uns beiden aus? Hier lehnen wir uns innerlich etwas zurück und lassen unser Unbewusstes die Arbeit für uns machen. Wie in einem Kino beobachten wir einfach, welche Bilder entstehen.
Hier noch eine Anregung: Viele Menschen visualisieren den Kontakt zu der anderen Person zum Beispiel als Drahtseile, die von Brust zu Brust gespannt sind, als Hanfseile an den Füßen, als Lichtseile von Herz zu Herz oder als Stacheldraht, der sich wirr um die beiden Personen wickelt. Hier sind der Kreativität und insbesondere der Intuition keine Grenzen gesetzt.
Nachdem die Verbindung visualisiert ist, nehmen wir uns etwas Zeit, um zu ergründen, wie sich die Klarheit des Bildes wirklich anfühlt. Jetzt folgt ein sehr wesentlicher Schritt. In der Imagination lassen wir nach den Werkzeugen suchen, mit deren Hilfe wir die Verbindungen sicher durchtrennen können. Dieser Vorgang wird gewiss nicht leicht sein; er kann heftige Emotionen oder Widerstände freisetzen und verlangt ein wenig Geduld.
Nach der Durchtrennung werden wir gedanklich ein Feuer entzünden und die gekappten Verbindungen samt den Werkzeugen verbrennen. Abschließend visualisieren wir uns ohne Verbindung zum Gegenüber. Diese neue Trennung lassen wir eine Weile auf uns wirken. Womöglich spüren wir den Impuls, erneut Verbindungen herzustellen. Diese stoppen wir jedoch bereits im Entstehen.
Sicherlich mag die Darstellung einer derartigen Übung etwas ungewohnt erscheinen, doch sie wird – wie alle anderen hier im Blog beschriebenen Maßnahmen auch – als eine Art Experiment angeboten, von dem wir zwar wissen, dass es sehr gut erprobt ist, wir aber dennoch eigene Erfahrungen damit machen müssen.
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