Das erste Kind ist der häufigste Trennungsgrund für verheiratete und nicht verheiratete Paare. Diese Tatsache steht im diametralen Gegensatz zur Erwartung der meisten Menschen: Kinder machen doch das Glück erst perfekt. Erst mit ihnen zieht die Freude wirklich ins Haus. Nur Kinder machen eine Familie komplett. Kinder sind die Erfüllung der Liebe zwischen Mann und Frau. Warum aber crashen nach der Geburt dann so viele Ehen und Paarbeziehungen, oder werden in Sachen erotische / sexuelle Liebe hohl und leer?
Du ahnst es schon, es gibt jede Menge Gründe dafür. Schauen wir sie uns einmal im Detail an und ergänzen gleich mögliche Schritte dagegen:
- Beide – Mann und Frau – verändern sich, körperlich und seelisch. Die väterlichen und mütterlichen Attribute waren vor dem Kind so noch nicht da und machen eine Evolution der Paarbeziehung
notwendig.
Lösung: Akzeptiere Deine Veränderung. Da ist nichts Negatives dran, Du bist jetzt einfach für-sorglicher und konzentriert auf das kleine Wesen auf Deinem Arm. Sex und Erotik verändern sich auch und ermöglichen eine Neuentdeckung. Nimm Dir Zeit dafür und sprich mit Deinem Partner bitte darüber: Sag ihm, wie Du Dich jetzt wahrnimmst, was sich genau verändert hat und was das für Dich bedeutet. Richtet Euch so bald wie möglich gemeinsame „Paar-Inseln“ ein, in denen Ihr Euch Zeit füreinander nehmt. Macht das regelmäßig und räumt dieser Zeit einen ganz hohen Stellenwert ein! - Das kleine Wesen erinnert Dich mit aller Macht an das Kind, das Du warst und das Du zu einem Teil noch immer bist. Teils unbewusste Erinnerungen Deiner Kindheit steigen auf und lösen
Konflikte in Dir und vielleicht sogar um Dich herum aus.
Lösung: Spätestens jetzt wird es Zeit für die Arbeit mit Deinem Inneren Kind. Mehr dazu findest Du hier. - Es ist einfach Stress! Alles neu, Euer erstes Kind, Ihr habt beide keine oder doch zumindest weitgehend nur eine theoretische Ahnung von dem, was Ihr da tun sollt. Logisch, dass es da
manchmal knallt. Logisch, dass Du Dich manchmal oder auch öfter total überfordert, allein und Dir selbst fremd fühlst. Das ist in Extremsituationen so! Und in genau einer solchen befindest Du
Dich gerade.
Lösung: Lass Dir helfen. Gib ab. Zuallererst mal an Deinen Partner, dann aber auch an andere hilfreiche Seelen zusätzlich. Glaub mir: Du bist NICHT unersetzlich! Und auf je mehr gute Schultern die Last bereits jetzt verteilt wird umso leichter ist sie für Euch beide als Paar zu tragen. In Afrika gibt es nicht umsonst das Sprichwort: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen!“ - Alle wollen mitreden und jeder weiß es besser. Auch Deine Eigenkompetenz wird nicht erst im Krankenhaus beschnitten, sondern auch schon davor und nun über die nächsten Jahren ohne-hin. Alle
sind Experten und sagen Dir ganz genau, was Du wie zu tun hast. Oder was Du besser nicht tust.
Lösung: Wenn Du es jetzt noch nicht gelernt hast wird es aber Zeit: NEIN sagen lernen! Dich selbst und Dein gutes eigenes Gefühl verteidigen lernen. Gegen alle Unsicherheit, die Du jetzt selbst hast. Fang gleich heute an. Jetzt. - Plötzlich wird Aufgabenteilung ein wichtiger Punkt zwischen Dir und Deinem Partner. Und die muss ganz oft (neu) verhandelt werden. Wenn Eure beiden Schultern alles allein tragen müssen wird
es noch schwieriger!
Lösung: Reden! Miteinander reden, lieber einmal mehr als weniger. - Mann und Frau reagieren unterschiedlich gegenüber den neuen Herausforderungen: Oft bekommt der Mann den „Ich muss für die Familie sorgen“ – Stress, während sich die Mutter zurückzieht in ihre
kuschelige Höhle und dem Kind neben Nahrung und Fürsorge ganz viel Liebe geben möchte. Beides ist OKAY! Aber beide verstehen sich in ihrer jeweiligen Welt nicht immer: „Du bist nie da!“ sagt sie
und er erwidert: „Du tust ja den ganzen Tag nichts!“
Lösung: Akzeptiere bitte, dass Ihr beide jetzt auf zwei unterschiedlichen Dampfern unterwegs seid. Vergiss nicht, den anderen für seinen Weg und seinen Beitrag zum gemeinsamen Familienschiff zu achten und zu ehren! Auch und gerade, wenn Du gerade gar keine Ahnung hast, was der andere da macht und was das eigentlich nutzen soll.
Vergiss bitte nicht: IHR ZWEI als Paar seid die Grundlage für Eure noch kleine, glückliche Familie! IHR ZWEI seid das Fundament für eine gesunde psychische und ganzheitliche Entwicklung Eures Kindes. Ich habe es in meiner mittlerweile jahrzehntelangen Praxis im Coaching und in der Psychologischen Beratung noch NIE erlebt, dass ein Hilfesuchender ein wirklich glückliches Liebespaar als leibliche Eltern hatte. Im Umkehrschluss heißt das, dass ein Mensch, der einander liebende, sich ehrende und respektierende Eltern mit einem guten Schuss erotischer Liebe hat, mit einem gesunden Selbstbewusstsein, großer Selbstliebe und einem tiefen Gefühl seines eigenen inneren Wertes aufwächst. Er ist einfach nicht be-LAST-et! Last ist für ein Kind immer, wenn es spürt, dass die Eltern nicht ganz frei sind – frei einander zu lieben, frei andere (und damit auch das Kind selbst) zu lieben. Und diese Freiheit gewinnen die Eltern durch ein entspanntes Liebesverhältnis zueinander.
K. wächst in einer Familie mit insgesamt vier Kindern heran. Neben ihr gibt es noch eine größere Schwester, einen jüngeren Bruder und eine Schwester, die das Nesthäkchen der Familie ist. Der Vater ist beruflich stark eingespannt und arbeitet als Ingenieur für die Stadt, in der sie leben. Nachdem die jüngste in den Kindergarten gekommen ist arbeitet die Mutter wieder halbtags.
K. erlebt ihren Vater als zugetan, aber nicht sonderlich in der Familie engagiert. Er agiert souverän und ist primär auf seine Frau bezogen. Noch in höherem Alter und als die Kinder längst aus dem Haus sind geht das Paar zusammen tanzen, verreist gemeinsam und ist auch äußerlich sichtbar verbunden: Sie küssen sich oft, halten Händchen und K. ertappt ihren Vater bei so manchem verliebten Blick auf ihre Mutter.
Die Kinder wachsen problemlos heran und bauen als Erwachsene eigene stabile und dauerhafte Bindungen auf. Die beiden älteren Schwestern heiraten und haben selbst nun große Familien mit einmal zwei und einmal vier Kindern. Der Bruder verliebt sich und wandert nach Kanada aus – auch dort hat er eine dauerhafte Bindung mit eigenen Kindern. Die jüngste reist viel in der Welt herum; alle studieren schnell und mühelos und haben anschießend Jobs, die ihnen Spaß machen und sie erfüllen. Es treten sowohl in den Beziehungen wie auch in den jeweiligen beruflichen Lebensläufen keinerlei gravierende Schwierigkeiten auf: Die Beziehungen sind stabil und die vier Geschwister agieren dort im erwachsenen Modus, die hervorragende sozialen Kompetenzen erlauben in der Arbeitswelt ein müheloses und erfolgreichen Fortkommen.
Ein Traum? Nein, die Geschichte einer Klientin, von der ich bis heute noch nicht genau weiß, warum sie eigentlich bei mir war! Spaß beiseite: Es gibt Menschen, die ihre ohnehin schon weit fortgeschrittene Persönlichkeitsentwicklung einfach auf das nächste Level heben möchten!
Nehmen wir einmal die gemeinsamen Komponenten der Familienkonstellation von K. auseinander, um zu erkennen, was an dieser Geschichte derart gesunde Kinder hervorgebracht hat:
- Die Eltern sind und bleiben dauerhaft ein Liebespaar. Das zeigen sie äußerlich und durch eine Vielzahl an gemeinsamen Aktivitäten als Paar.
- Die erotische Komponente bei den beiden ist aktiv und wird auch so gelebt.
- Die Kinder stehen NICHT im Mittelpunkt der Familie. Damit werden Kinder einfach nur überfordert! Sie sind Teil des Lebens der Eltern, sie werden bestens versorgt und ihre Bedürfnisse (inklusive gegebener Nest- und Reibungswärme) werden angemessen erfüllt, aber sie sind kein Lebensmittel-punkt für ein oder zwei Erwachsene.
- Die Geschwister sind nicht „alleine“ mit den Eltern: In ihrem Miteinander erleben sie nicht nur eine andere Form der Geborgenheit, sondern auch ein tiefes Verbündetsein, das eine starke Form innerer Sicherheit schafft.
- Mutter und Vater führen auch ein je eigenes befriedigendes und erfüllendes Leben, das ihnen Gefühle der Selbstbestätigung und -wirksamkeit verschafft.
- Der Vater ist primär auf seine Frau bezogen und nicht „mit seinen Kindern verheiratet“.
- Den Kindern werden ein eigenes Leben und eine eigene Lösungskompetenz zugetraut.
Aber was mache ich denn, wenn meine eigene Familie so ganz anders ausschaut? Kann ich da was rückgängig machen, indem ich meine Eltern zu einem anderen Verhalten bewege und was für Gefahren bestehen in einem unbewussten Kompensationsverhalten?
Du kannst Deine Kindheit im Nachhinein NICHT verändern. Du kannst Deine Eltern NICHT verändern. Du kannst (und brauchst) sie noch nicht einmal zu einem Bekenntnis ihrer scheinbaren oder tatsächlichen Fehler bringen. Es war so, wie es war, und es war gut so – egal, was passiert ist! Denn es hat Dich zu dem wunderbaren Menschen gemacht, der Du heute bist.
Es war schrecklich und Du hast Furchtbares erlitten und durchgemacht? So vieles war so unnötig und einfach falsch? Ja, das war so. Und wie wir gesehen haben, ist es jetzt hier und heute DEINE Aufgabe, das alles zu betrauern, ALLE Gefühle zu fühlen, die damit zusammenhängen und schließlich, nachdem alles sein durfte, was in Dir ist, zu vergeben. Die vorangegangenen Kapitel mögen Dir dabei helfen; wenn das Erlittene zu schmerz-halft war wirst Du allerdings um eine Therapie nicht herumkommen.
Was meine ich aber mit einem unbewussten Kompensationsverhalten?
Nach einer verletzenden Kindheit geraten wir leicht in Versuchung uns eine eigene „perfekte Familie“ zu basteln. Wir gehen in eine Beziehung, bekommen recht schnell Kinder und alles soll per-fekt sein. ENDLICH wollen wie die Geborgenheit in einer Familie finden, die wir als Kinder nicht hatten. Hohe Ansprüche haben wir an unseren Ehepartner als Mann / Frau (und unbewusst als Vater / Mutter) und möchten unserem Kind all das geben, was wir einst selbst so schrecklich vermisst haben: Emotionalen und ggf. materiellen Reichtum, Fürsorge, Liebe oder was wir dafür halten, Abwesenheit von Schmerz, Enttäuschung und Frustration in jeder Beziehung. Was dabei allerdings herauskommt ist oft das genaue Gegenteil und wir reagieren mit herber Enttäuschung. Unser EGO sagt uns, dass wir es halt selbst nicht wert wären und dass es Liebe ohnehin nicht gäbe und die Ereignisse im Außen scheinen ihm Recht zu geben. Den Druck, den wir mit unseren Wünschen, Erwartungen und unbewusstem Flehen nach Perfektion – ENDLICH! – aufbauen, ist einfach zu groß. Diesem Druck kann weder der Partner noch die Realität standhalten und es geht – oft mit einem Riesengetöse – zu Ende, was nie wirklich Bestand hatte.
Wenn Du also Kinder und eine eigene Familie hast schaue Dir bitte Deine eigene Kindheit gut an. Wie schon erwähnt helfen hierbei Methoden wie die Transformationstherapie oder der Voice Dialogue sehr gut und wirkungsvoll weiter. Auch allein kannst Du schon eine Menge tun, indem Du den Perfektionsdruck abbaust! Schau genau hin, was sich im Außen abspielt, versuche so weit wie möglich in der Gegenwart zu leben (die „Gegen-wart“ dauert genau 3 Sekunden; alles andere ist dann schon Vergangenheit oder Zukunft) und arbeite permanent an Deiner Persönlichkeitsentwicklung. Nimm dabei aber immer Deine Schatten wahr und verurteile sie nicht länger: Es ist normal, wenn man seinen Partner oder die Kinder ab und zu hasst, blöd findet, ablehnt oder sie sich ganz weit wegwünscht. Unser Leben ist heute kompliziert und von tausend Anforderungen erfüllt. Da ist manchmal einfach alles zu viel – auch das DARF SEIN!
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