Nach meiner Erfahrung aus vielen hundert Klientengesprächen mit Menschen in und außerhalb von Beziehungen gibt es einige Punkte, die für langfristig erfolgreiche Intimpartnerschaften ausschlaggebend zu sein scheinen:
Hard Facts:
- In etwa gleicher Bildungsstand und soziale Herkunft
- Finanziell unabhängig
- Vom Elternhaus losgelöst
- Kinderwunsch
Soft Facts:
- Gleiche Sprache der Liebe (darüber werden wir hier noch reden)
- Libido – ähnliche sexuelle Bedürfnisse, qualitativ und quantitativ
- Humor – zwei Sonnenkinder, die sich mögen
- Tiefe der Erfahrungen – zwei Schattenkinder, die einander empathisch verstehen (wollen)
- Gleiche Ziele / Bereitschaft, gemeinsam welche zu entwickeln
- Sinn für Transzendenz
- In etwa gleiches Nähe-/Distanzbedürfnis
- Gleicher / ähnlicher Aktivitätslevel
- Bereitschaft zu persönlicher und gemeinsamer Weiterentwicklung
Entwicklung innerhalb der Partnerschaft:
- Streitkultur schaffen
- Andersartigkeit aushalten
- Eigenes (Sonnen-)Leben genießen
- Zuhören. Auch nach Jahren
- Das Wachstum des Partners fördern / unter-stützen
- Das eigene Wachstum leben
- Aktiv miteinander regelmäßig Qualitätszeit verbringen als Paar
- Übernahme der je eigenen Verantwortung
- Positive Botschaften überwiegen über kritische Aussagen (in etwa im Verhältnis von 1:3 mindestens; besser: 1:5)
- Differenzierung – ein ausgewogenes Verhältnis zwischen WIR und ICH
Eine starke Beziehung ist zunächst ein Ort, in dem ich mich ganz wohlfühle, angenommen bin in meinem So-Sein und in dem ich trotzdem oder gerade deswegen die Möglichkeit habe mich individuell weiter zu entwickeln. Dabei spielt Kommunikation eine mit entscheidende Rolle: Wie schwer fällt es Bedürfnisse und Gefühle zu äußern? Macht das auch mein Partner? Können die klassischen Streitpunkte – Finanzen, Kinder, Sex – angemessen besprochen und geklärt werden? Bin ich meinem Partner nicht nur Intimpartner, sondern auch bester Freund, und umgekehrt? Wie hoch ist das Konfliktintervall? Und wenn es hoch ist, besteht die Bereitschaft zur Klärung, ggf. auch mit professioneller Hilfe von außen?
Du kannst eine starke Beziehung fühlen: Sie macht Dich stärker! Gerade in pathogenen Beziehungen wird enorm viel Kraft und Energie für destruktive Konflikte, unbewusstes Verhalten und gegenseitige Kritik aufgewendet. Die Beteiligten fühlen sich „wie gerädert, ausgelaugt, ausgesaugt, überfordert, wie ausgebrannt, leer, sich selbst fremd, nur noch außerhalb der gemeinsamen Wohnung wohl, haben Panikgefühle beim Nach-hause kommen, einsam, innerlich schmerzerfüllt, resigniert, hoffnungslos.“ (Aussagen von Klienten). Dieser Prozess ist dynamisch regredierend, so dass nur eine Änderung, die wirklich eine Änderung ausmacht (Steve de Shazer), einen Halt bewirken kann.
Starke Beziehungen lassen Dich im außen erfolgreich agieren (vorausgesetzt, Deine eigene persönliche Entwicklung ist stabil und progressiv). Du handelst wie ein Kapitän, der sein Schiff auf hohe See steuert und sich seines sicheren Hafens in der Heimat immer bewusst ist. Voller Stolz berichtest Du anderen von diesem sicheren Hafen! Auch nach der Verliebtheitsphase lenkst Du gerne das Gespräch auf Deinen Partner und berichtest mit einem Gefühl tiefer Genugtuung von seinen Erfolgen und Fähigkeiten. Ja, Du lässt quasi keine Gelegenheit aus, auch wenn Du alleine unterwegs bist, Deinen Partner über die Kommunikation mit einem Dritten dabei sein zu lassen!
Euer gemeinsames Ziel ist eine starke Beziehung und Ihr seid Euch bewusst, dass diese Euch nicht einfach so in den Schoss fallen wird. Eine starke, erfolgreiche Beziehung bedeutet immer Arbeit, bedeutet immer meine persönliche Bereitschaft, nicht ausschließlich aus meinem Bauch heraus zu handeln und meinem Egoismus zu folgen (erinnerst Du Dich? Wir grenzen Egoismus von Selbstliebe deutlich ab!). Diese Arbeit hört nie auf, egal, ob ich an einem bestimmten Punkt alleine oder gemeinsam mit meinem Partner unsere Beziehung als stabil und allen Stürmen gewachsen wahrnehme. Es ist eine wirklich schöne Arbeit und sie macht jede Menge Spaß, aber sie muss organisiert, kreativ gestaltet und aktiv vertreten werden – nach Innen und nach Außen, gegenüber auch den eigenen Kindern, Eltern, Freunden, Kollegen etc. Sie braucht Zeit und Ihr werdet im Laufe Eurer Beziehung feststellen, dass es nicht mehr selbstverständlich sein wird Euch Zeit füreinander freizuschaufeln!
Last but not least ist eine starke Beziehung eine ENTSCHEIDUNG! Eine klare Entscheidung füreinander und NUR füreinander! Ein Dritter hat in dieser exklusiven Beziehung nichts verloren. Und das meine ich durchaus nicht nur sexuell – auch eine enge Freundschaft mit einem Menschen, mit dem ich alles teile, mehr als mit meinem Partner, ist im Prinzip Ehebruch. Jesus hat einmal darauf hingewiesen, dass der Ehebruch im Herzen beginnt, lange vor jeder Tat und Ausführung. Schau einmal nach, welcher Mensch in Deinem Herzen wirklich den ersten Platz hat: Ist es Dein Partner, Dein Ehemann oder Deine Ehefrau? Oder ist dieser Platz bereits anderweitig vergeben: An den besten Freund, die beste Freundin? Deine Eltern? Deine Lehrer, Kollegen, Idole? Vielleicht auch an Deine Kinder?
Ich erlebe es bei meinen Klienten sehr häufig, dass gerade bei den Menschen, die nicht erwachsen werden (wollen), sondern sich in kindlicher oder jugendlicher Entwicklungsstufe befinden, die wirkliche Bereitschaft sich auf Beziehung und Nähe, ja Exklusivität, einzulassen, fehlt. Eigentlich sind sie immer noch auf der Suche, verheiratet, gebunden oder nicht. Die Suche nach dem „besseren“ Partner, der, der noch mehr scheinbar alle seine Wünsche und Vorstellungen erfüllt, oder aber das offen lassen aller Optionen in polygamen Beziehungen ist im Prinzip Beziehungsverweigerung oder aber die Unfähigkeit eine Beziehung zu führen aufgrund der eigenen Entwicklungsstufe.
Du siehst, die starke Beziehung BRAUCHT notwendig die klare Entscheidung für den Partner. Die ist so klar, dass auch kein Raum für Flirt oder „geheime“ Kommunikation mit Dritten bleibt. Meines Erachtens nach symbolisiert diese klare Entscheidung am besten die Ehe: Das öffentliche Bekenntnis vor Gott und der Welt zu diesem einen Menschen, in guten und in schlechten Tagen, mit der Option auf Familiengründung, mit der Bereit-schaft zu gelebter Liebe in jeder Hinsicht, mit der Schaffung eines echten Heims als Basis für darüber hinausgehende Liebe. Eine Ehe – und das ist ein leider häufiges Missverständnis von Ehe – die aber trotzdem jeden Tag neu die Entscheidung füreinander braucht.
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